Sonntag, 28. Juli 2013

"Hallo kleines Monster..."

...Du hast mich wieder.
Vielleicht hat sich in den letzten Wochen wieder etwas angebahnt, vielleicht hab ich manche Signale nicht richtig wahrgenommen oder gar ignoriert...ich weiß es nicht.
Spielt ja auch eigentlich keine Rolle.
Und nun?
Hat sie mich wieder, die Depression...oh wie ich mit diesem Wort auf Kriegsfuß stehe...


Es sich einzugestehen und sich nicht dafür zu schämen fällt mir derzeit sehr sehr schwer. Vor allem wenn man sich wohl eingestehen muss dass man mal wieder ein Meister im verdrängen war, schwachsinnige Selbstversuche gestartet hat was das ausschleichen und absetzen von Antidepressiva angeht..."Du hast keine Depressionen, das kommt sicher von Deiner Schilddrüse und dem Vitamin D Mangel und dagegen nimmst Du ja was..."
Scheiße wars und es fühlt sich resignierend an.
Ich hasse es, dieses Wort, diese Krankheit beim Namen zu nennen, sich einzugestehen dass man diese Schwäche hat und sich dafür aber nicht zu schämen braucht.
Dass man desswegen kein schlechterer Mensch ist...


Vor etwas mehr als einer Woche hat es mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Der Druck bahnte sich einige Tage davor schon an und ich wollte dagegensteuern, begann schweren Herzens wieder mit meinen Venlaflaxin. Schließlich hatte ich ja erst Urlaub und in meinem Kopf schwirrten ständig Gedanken wie "du kannst nicht fehlen...wie sieht das denn aus...du hast (immer noch) keine Vertretungsregelung etc..."
Als ich meine Blogpause im Mai hatte war ich zwei Wochen zuhause und bereits nach einer Woche klingelte das Telefon wann ich denn wieder käme, mein Schreibtisch wäre voll und wenn ich noch länger krank sei dann müsste meine Arbeit an eine andere Stelle geschickt werden. Das nur mal so am Rande....
Also stand ich damals recht schnell wieder auf der Matte.
Auf der Arbeit ist einiges vorgefallen, näher gehe ich jetzt nicht darauf ein.
Ich stoße derzeit sehr schnell an meine Grenzen, merke verdammt schnell wieviel Kraft manches kostet was vor Wochen doch sooo selbstverständlich war, man garnicht darüber nachgedacht hat, es einfach Alltag war.
Für einen Perfektionist wie mich, jemand der alles immer richtig machen möchte, niemanden enttäuschen möchte, sei es nun privat oder im Beruf, sehr schwer.
Sich Zeit dafür zu geben, sich nicht unter Druck setzen "schnell wieder zu funktionieren", noch viel schwerer...  


Dieser Post "dümpelt" nun schon einige Tage in meinen Entwürfen. Heute möchte ich ihn aber endlich freigeben.
Derzeit bin ich also zuhause. 
Habe mich die letzten Tage viel zurück gezogen, wenn ich mein Töchterlein in den Kiga gebracht habe bin ich gleich danach einkaufen gegangen, damit ich, wenn ich endlich zuhause bin, nicht mehr so schnell das Haus verlassen muss und ich fühlte mich mies dabei.
Letztes Wochenende war ich das erste Mal nach über einer Woche mal länger als nur eine Stunde außer Haus. Es kostete viel Überwindung aber mein Töchterlein sollte ein schönes Wochenende und Spaß haben und so trafen wir uns mit Freunden im Schlossgarten...
Die Sonne tat gut, auch wenn ich eher ne Spaßbremse war.
Was wirklich "neu" für mich ist, oh Man, und sowas schreibe ich nach vier Jahren, dass ich immernoch lernen muss mir selbst keinen Druck und Stress zu machen.
Gedanken wie "Du mußt aber...dass geht doch nicht...was denken sonst die anderen...Du mußt funktionieren..." mehr oder weniger aus meinem Kopf verbannen.
Mehr wahrnehmen, in sich gehen, "beobachten"...WO sind Deine Grenzen...
So etwas ähnliches schrieb ich erst vor kurzem, da hörte es sich irgendwie so "einfach" an, aber anscheinend gelingt mir das nicht immer.
Und JA, es ist ok so, Fehler und Rückschläge gehören wohl dazu.
Ich kann mich weiterhin deswegen selbst niedermachen und schämen oder ich nehme es endlich an, lerne damit umzugehen und sehe es als ein Teil von mir.

Für meine Freunde schreibe ich diese Zeilen weil es mir wichtig ist dass Ihr wisst dass es derzeit absolut nicht gewollt, böse oder gar beabsichtigt ist wenn ich mich bei Euch rar mache, mich bei dem ein oder anderen nicht melde, Einladungen oder Geburtstage absage etc... 

Ich kann und werde mich nicht gehen lassen da es da zwei Menschen gibt die mich brauchen und es sicherlich noch viel mehr Dinge gibt für die es sich zu kämpfen lohnt, auch wenn wir das manchmal nicht gleich sehen...


6 Kommentare:

  1. Auch wenn du vielleicht nicht so gerne von mir liest, konnte ich mich diesmal nicht beherrschen und musste dir schreiben.
    Die Depression, meine dunkle Freundin, begleitet mich jetzt seit vielen Jahren. Es gibt gute und weniger gute Phasen. Inzwischen weiß ich aber die Zeichen zu deuten und sie überrascht mich nicht mehr so hinterrücks wie früher. Ich weiß jetzt wann ich besser zu meinem Umfeld sage: lasst mich jetzt lieber in Ruhe!
    Früher habe ich sie gehasst und wollte sie loswerden weil ich dachte, dass etwas falsch daran ist. Man möchte ja „funktionieren“, nicht? Man möchte sein wie alle und möglichst gut drauf dabei.
    Ja und da gab es auch bei mir Ansätze… Schilddrüse… Anti-Baby-Pille, falscher Umgang, komplizierte Familienverhältnisse. Eine Veränderung der Situation hat sie abgemildert aber nicht beseitigt. Ich habe versucht zu lernen damit klar zu kommen, habe versucht gegen sie zu arbeiten, sie (und mich) zu analysieren, und wusste danach zwar mehr, geholfen hat es trotzdem nicht. In großen Zyklen steht sie immer wieder vor meiner Tür und will Beachtung. Vielleicht werde ich sie nie wieder los.

    Inzwischen ist es so dass ich mir sage: Okay, ich hör dir zu. Was willst du?
    Depression ist in meinen Augen keine Schwäche. Und es ist auch keine Schwäche sich zurück zu ziehen und auf die absoluten Basics zu besinnen. Das zeigt einem nämlich, dass man seine Energie viel zu sehr auf andere, auf sein Umfeld, seinen Job usw. gelegt hat und dabei das Wenige das man hat von sich selbst abgezogen hat. Ich glaube man kann lernen mit dieser Energie zu haushalten. Aber dazu gehört Disziplin und Konsequenz im Sinne von: meine Gesundheit ist wichtiger als mein Job. Eine gesunde Ich-Zentrierung.

    Vielleicht hat deine erneute Depression gar nicht so viel mit dem Absetzen der Medis zu tun, sondern eher zyklischen Charakter. Die Art gibt’s ja. Und wenn sie zyklisch ist, dann geht sie auch wieder vorbei. Die Depression zwingt einen sich darauf zu besinnen was die absoluten Basics im eigenen Leben sind und wenn man sich darauf konzentriert und alles andere einfach ausblendet ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, dann wird’s besser.

    Gruß
    c.

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  2. Erstmal VIELEN Dank für Deine Zeilen! Ich habe sie gerne gelesen und nicht nur einmal.
    Ganz ehrlich, Du sprichst mir in vielem aus der Seele, ich dachte immer und denke vielleicht immer noch dass man sie irgendwie los werden kann. Manchmal kommt es mir so vor als ob unser Umfeld auch seinen Teil dazu beiträgt, man muss funktionieren...
    Vor einigen Tagen hatte ich ein Telefonat mit einer Frau die mich eigentlich kennt seit ich 17 bin. Sie kennt mich in manchen Dingen recht gut und hat in den letzten 15 Jahren viele Baustellen mitgekriegt.
    Und dennoch kam das Thema auf warum es mir denn ab und an so schlecht geht, wieso ich in diesen Löchern lande...
    Was denn los ist, ob ich keine Unterstützung bekomme etc... SO wäre ich ja früher nicht gewesen.
    Sofort hatte ich das Gefühl Rechenschaft ablegen zu müssen, nein, ich tat es.
    Familienverhältnisse, Schilddrüse, keine hormonelle Verhütung mehr etc.
    Gegen Ende viel mir nichts besseres mehr ein als noch meinen Hirnstoffwechsel dafür verantwortlich zu machen.
    Man sucht mit Gewalt nach irgend einem Grund, nach einem Auslöser, einer Erklärung und dennoch ist sie da.
    Veränderung der Situation, hmmm, was das körperliche angeht funktionierte das leichter.
    Familienaufstellungen und Genogramme haben mir geholfen vieles zu hinterfragen und verstehen aber ja, SIE ist immer wieder present.
    Natürlich bekam ich zu hören "schau dass Du Deine Baustellen beseitigt kriegst".
    Klar, ich arbeite daran, manche werde ich vielleicht nie beseitigen können weil noch andere Personen dazu gehören.
    Ach, ich hab keinen Plan.
    Wenn sie in großen Zyklen kommt kann ich alles mögliche versuchen, beseitigen, hinterfragen und mir den Kopf zerbrechen.
    Ich kann mich weiterhin zerfleischen und dagegen ankämpfen, oder ja, wie Du es geschrieben hast, sie annehmen, reinlassen und fragen was sie will.
    Owe,
    vielleicht sollte ich wirklich mal genauer hinhören. Mich mit MEINEN Basics auseinandersetzen und nicht den Vorstellungen und Werten folgen die man von Kindheit an eingebläut kriegt.
    Dein Kommentar hat mich sehr zum nachdenken angeregt.
    Vielen Dank nochmals!

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  3. Da gibt es gar nichts, wofür Du Dich schämen müsstest.
    Ich wünsche Dir Kraft und Energie und viel innere Sonne.

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  4. Du musst dich nicht schämen. Aber ich weiß wie es ist, sich eingestehen zu müssen "Okay, ich bin krank!" Mir selber fällt das nicht immer leicht. Ich sehe es so: Manch ein Mensch hatte einen unglaublich schweren Unfall, der ihn aus der Bahn wirft und das ganze Leben umkrempelt. Laufen werden, Grenzen setzen, Grenzen akzeptieren und damit leben ... das müssen sie auch und nur weil dies sichtbar ist, heißt es nicht, dass man sich schämen muss und es vorallem verleugnet, wenn man ähnlich mies dran ist - nur eben rein seelisch bedingt.

    Mich hat es zweimal so richtig auf die Fresse gehauen ... und seit dem zweiten Mal bin ich zu Hause und das war jetzt auch schon 2011. Arbeiten gehen kann ich noch immer nicht - ich bin jetzt Frührentnerin - mit 39! "Juhu" ... und das meine ich nicht nur ironisch sondern auch freudig, denn ich musste für mich erkennen, dass es eben noch eine Zeit dauert, bis ich wieder soweit auf den Beinen bin, bis es wieder geht.

    Niemand dankt es dir, dass du dich zur Arbeit treibst, weil die Vertretung noch nicht da ist und weil sich die Arbeit stapelt. Und? Lass sie stapeln! Es ist deine Gesundheit! Was ist so schlimmes dran zu Hause zu sein, weil man einfach nicht kann.

    Du machst weder blau noch sonst was - nein, Du hast das Recht zu Hause zu sein und das Recht dir Hilfe zu holen. Glücklichweise habe ich mittlerweile eine tolle Verhaltenstherapeutin gefunden. Machst du denn eine Therapie? Warst du schon in Reha oder in einer Tagesklinik?

    Deine Seele zeigt dir ein Stop-Schild - ignorier Dich doch nicht länger und höre DIR mal zu.

    Es wird wieder besser werden. Klammer dich nicht an den grauen Wolken fest ... lass dich aufrütteln und die Sonne rein. Auch wenn ich ganz unten bin - schafft es Ash immer, dass sie mich rauskitzelt. Zwar nimmt es in solchen schlimmen Phasen nicht die innere Dumpfheit und Leere - aber es hilft, es hilft ungemein.

    Du hast auch welche an deiner Seite ... und ich weiß, du schaffst das. Aber lauf nicht vor dir selber davon.

    Ich drücke dich ganz herzlich!

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  5. Es ist keine Schwäche und nichts wofür man sich schämen muss. Depressionen sind eine Krankheit, und für Krankheit kann kein Mensch etwas. Du bist weder minderwertig deswegen, noch solltest du dich dafür schämen. Ich habe es selber gehabt in der Vergangenheit, und es ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
    Benutz deine Energie nicht dazu, dich zu schämen, sondern dafür gesund zu werden :-)
    Alles Gute dir!!

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  6. Du sprichst mir aus der Seele, da es mir im Moment ganz genauso geht wie dir. Ich bin froh, dass ich ab nächster Woche zwei Wochen Urlaub habe und einfach nicht funktionieren muss :/

    Es tröstet etwas, dass es einem nicht allein so geht.

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